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„Plötzlich kam ein Eimer voll Wasser aus der Trockenbaukonstruktion gelaufen.“
Viele Dachdeckermeister oder Dachsachverständige haben eine solche oder ähnliche Schadensschilderung schon gehört. Der „Eimer voll Wasser“ ist zum Glück oftmals nur eine gefühlte Mengenbeschreibung. Im ersten Moment wird angenommen, beim „Gewitterguss vom Wochenende“ sei Wasser eingedrungen, hätte sich im Dachaufbau gesammelt und tritt jetzt plötzlich aus.

Bauphysikalischer NachweisDie Dacheindeckung oder -dichtung ist jedoch völlig intakt, oder lediglich kleine Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik, die aber niemals ursächlich für einen solchen massiven Wassereinbruch sein können, sind zu finden. Wie kann das sein?
Bei einem plötzlichen Wassereinbruch bei Hochdrucklagen im Sommer sollte man immer auch die „sommerliche Umkehrdiffusion“ ins Kalkül ziehen.
Was passiert dabei?
Unsere Dachaufbauten sind für den Normalfall – innen warm und außen kalt – konzipiert. Der Dachaufbau wird innen dampfdicht ausgebildet, damit kein Wasserdampf in die Dachkonstruktion eindringen kann. Nach außen wird der Dachaufbau diffusionsoffen ausgebildet, damit im Dachaufbau enthaltenes Wasser nach außen diffundieren kann.
Wenn nun im Sommer hohe Außentemperaturen herrschen,  kann es vorkommen, dass Wasserdampf von außen in den Dachaufbau eindiffundiert und an der kalten Seite (Außenseite der Dampfsperre) ausfällt. Bei einem Kondensat von nur einem Millimeter kommt da je Quadratmeter ein Liter Wasser zusammen, 10 Quadratmeter bringen in diesem Fall doch den schon erwähnten Eimer zu Stande! Dieses Wasser läuft auf der Dampfsperre am tiefsten Punkt zusammen, bis diese an einer Stelle dem Druck nicht mehr standhält. Dann kommt es zu dem oben beschriebenen Wassereinbruch.

Wasserdampfgehalt der Luft

Je wärmer die Luft, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen.
Quelle des Diagramms: https://www.energie-lexikon.info/luftfeuchtigkeit.html von Rüdiger Paschotta

Haben wir es nur mit Diffusion zu tun? Warum tritt dieses Phänomen nur sporadisch auf?
Durch Diffusion wird relativ wenig Wasserdampf transportiert. So gibt es oftmals noch einen „Verstärker“. Ein Verstärker ist zum Beispiel die Klimatisierung, denn durch Klimatisierung wird das Temperaturgefälle und damit der Diffusionsdruck von außen nach innen nochmals verstärkt.

Eine Klimatisierung tritt nicht unbedingt nur durch eine Klimaanlage während der Nutzung auf. Wenn in einem Neubau bei hohen Außentemperaturen in kürzester Zeit der Putz aufgetragen und Betonestrich eingebracht wird, so können die Innentemperaturen in diesem Gebäude um mehrere Grad sinken.

Egal wie hoch das Temperaturgefälle ist, wo kein Wasserdampf drin ist, kann kein Wasser ausfallen. In den seltensten Fällen diffundiert der Dampf tatsächlich in signifikanter Menge von außen in den Dachaufbau. Ein Hausbau findet im Freien, das ganze Jahr über bei verschiedensten Witterungsbedingungen statt. Von Werkhallen- oder gar Laborbedingungen können die Leute am Bau nur träumen. Selbst bei hochsommerlichen Hochdrucklagen kann sich früh morgens Tauwasser an oder in den Baustoffen befinden und so, oftmals unbemerkt, eingebaut werden. Ein weiteres Problem ist nicht fachgerecht getrocknetes oder gelagertes Holz. Weiterhin kann bei Undichtigkeiten in der Luftsperre viel Wasserdampf durch Konvektion in den Dachaufbau eindringen. So wird durch eine Fuge von einem Millimeter 360 mal so viel Wasserdampf transportiert, wie durch Diffusion auf einem Quadratmeter.

Wasserdampftransport durch Diffusion und Konvektion

Schäden im Dachaufbau sind dann vorprogrammiert. Im besten Fall wird der Nutzer durch den oben erwähnten Eimer Wasser rechtzeitig alarmiert.
Um das Auftreten eines solchen Wassereinbruchs von vornherein zu verhindern, sollte Folgendes beachtet werden:

  • Der Dachaufbau sollte nach innen, bei Dachabdichtungen auch nach außen, luftdicht ausgeführt werden. Damit wird vermieden, dass Wasserdampf durch Konvektion in den Dachaufbau transportiert wird.
  • Baustoffe sollten so trocken wie möglich in den Dachaufbau eingebaut werden.
  • Bei Dachdeckungen sollten möglichst feuchteadaptive Dampfsperren verwendet werden. Durch diese kann Feuchtigkeit, welche sich im Dachaufbau befindet, nach innen ausdiffundieren.
  • Der Dachaufbau sollte innen 6-mal so dampfdicht sein wie außen (Faustregel).
  • Die Luftsperre sollte an allen Anschlüssen und Dachdurchdringungen fachgerecht angeschlossen werden.

Bei Beachtung dieser fünf Punkte wird die oben erwähnte Überraschung mit dem Eimer Wasser wohl in den allermeisten Fällen ausbleiben.

Im konkreten Fall steht Ihnen der Unterzeichner gern zur Verfügung
Hans-Jörg Köhler