Oftmals erscheint privaten Kunden, aber auch Geschäftsstpartnern die Preisbildung und vor allem die Preisentwicklung für Bedachungsbauleistungen zu sehr profitorientiert. Dem ist nicht so. Muss doch ein Handwerksunternehmer zuerst die Kosten, welche in seinem Betrieb entstehen und vor allem die Forderungen des Fiskus mit seinem Preis abdecken. Sicherlich ist ein fünfstelliger Betrag für das Dach eines Einfamilienhaus nicht gerade eine Schenkung.
Jedoch, das Dach ist das Bauteil, welches das gesamte Gebäude mit Inhalt vor den Auswirkungen des Wetter schützt. Wenn man dann die jährlichen Kosten über die gesamte Nutzungsdauer betrachtet, so zahlt manch einer eine höhere monatliche Leasingrate für sein Auto.
Im Dachdeckerhandwerk gilt ein allgemeinverbindlicher Mindestlohn von derzeit 12,05 €. Daraus resultieren Stundenverrechnungssätze in Höhe von 40- 50 € (Herleitung siehe Grafik am Ende).
Nun gibt es so genannte Einzelunternehmer, welche der Meinung sind, ihre Leistung weit unter diesem Niveau anbieten zu können. Dabei entstehen ihnen die gleichen Kosten wie regulären Dachdeckerbetrieben. Sehr oft arbeiten mehrere dieser Ich-AGs zusammen. Privaten Kunden wird von diesen Anbietern ein Schnäppchen vorgegaukelt, welches keines ist.
Man mag über die mathematischen Fähigkeiten dieser „Fachleute“ spekulieren, aber wer die Kosten der eigenen Arbeitsstunde nicht berechnen kann, der kommt wahrscheinlich auch nicht mit der Berechnung der Windsogsicherung, der Entwässerungsleistung oder Überdeckung zurecht.
Die Ausbildung dieser „Kollegen“ liegt meist schon ein paar Jahre zurück. Wann haben diese sich wohl das letzte Mal fortgebildet?
Sachverständige berichten darüber, dass bei vielen Sturmschäden der Versicherungsschutz entfällt, da der Nachweis für die Windsogsicherung fehlt.
Hinzu kommt, dass in diesen Kreisen, oftmals unbewusst, Scheinselbständigkeit und unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung betrieben wird. Damit kann unter Umständen der Auftraggeber für hinterzogene Sozialkassenbeiträge oder Steuern haften. So kann das billige Dach, welches oftmals noch nicht mal fachgerecht eingedeckt wurde, letztendlich für den Auftraggeber teurer werden, als ein vom Fachbetrieb (fachgerecht) errichtetes.
Ähnliche Auswüchse sind auch im gewerblichen Bereich zu beobachten. Hier haben gewisse „Geschäftsmänner“ ein Geschäftsmodell daraus gemacht, durch preiswerte (Schein-)Selbständige, oftmals aus dem Ausland, in Arbeitsgemeinschaft oder als Subunternehmer Bedachungsbauleistungen ausführen zu lassen. Auch hier ist ganz deutlich das Ziel, Beiträge zu den gesetzlichen und tariflichen Sozialkassen zu hinterziehen sowie den allgemeinverbindlichen Mindestlohn zu unterlaufen. Daraus entstehen für den Bauherren nicht unerhebliche finanzielle Risiken. Denn auch im gewerblichen Bereich haftet der Bauherr für hinterzogene Sozialbeiträge oder Steuern gegenüber dem Fiskus.
Besonders anfällig für solche Praktiken ist die öffentliche Hand. Die Vergabeordnungen sehen die Vergabe von Bauleistungen an den wirtschaftlichsten Bieter vor.
Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass der billigste mit den wirtschaftslichsten Bieter verwechselt wird.
Dabei ist logisch, dass derjenige, der scheinselbständige Tagelöhner einsetzt, einen billigeren Preis bieten kann, als derjenige, der qualifiziertes Personal ausbildet und beschäftigt.
So kann das dem Schein nach so billige Dach gerade besonders teuer werden.
Auf der sicheren Seite ist ein Bauherr auf jeden Fall dann, wenn er einen namhaften Innungsbetrieb mit seiner Leistung beauftragt. Ein Fachbetrieb ist zwar nicht vor Fehlern gefeit, aber er wird kooperativ, gegebenenfalls auch einmal kulant damit umgehen, wenn mal etwas schief gegangen ist.
Hans-Jörg Köhler